Windräder, PV-Anlagen, weiße Container mit H2-Aufschrift, vorne eine grüne Wiese
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Grüner Wasserstoff

Experteninterview: Wo stehen wir und wo geht die Entwicklung hin?

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Wasserstoff
Klimaneutralität & Energie
26.05.2023  9 Min.
Autor: Team EWE busines

Grüner Wasserstoff

Interview mit EWE-Wasserstoffbotschafter Paul Schneider

Paul Schneider, Wasserstoffexperte von EWE
Paul Schneider, EWE Wasserstoffexperte
Grüner Wasserstoff ist notwendig für ein Gelingen der Energiewende und der damit verbundenen Abkehr von fossilen Energieträgern. Um die nationale Strategie zum Wasserstoff mit Leben zu füllen und das Thema gemeinsam voranzubringen, braucht es allerdings viele Player und geeignete Standortkonzepte.

 

EWE ist bei dieser Entwicklung in Deutschland umtriebig. Der Energiedienstleister ist mit verschiedenen Unternehmen und auch Betrieben aus der Energiewirtschaft im Gespräch, um gemeinsame Projekte zu entwickeln und eine Wasserstoffwirtschaft im Nordwesten aufzubauen als Ausgangspunkt für eine europaweite Wasserstoffwirtschaft. Der optimale Rahmen dafür ist in der Region bereits vorhanden. Die Lage an der Küste mit den Seehäfen, ein gut ausgebautes Gasnetz, große Kavernenspeicher und die enormen Potenziale an erneuerbaren Energien sind dabei große Vorteile. Sie prädestinieren die Region als Erzeugungszentrum, Import-Hub und Drehscheibe der deutschen und europäischen Wasserstoffwirtschaft. Darüber hinaus eignet sie sich als Basis für eine auch zukünftig sichere, auf erneuerbarer Energie aufbauenden Versorgung und einer größeren Unabhängigkeit Deutschlands.

 

Der Schritt Richtung Grüner Wasserstoff ist zudem ein zwingend notwendiger Schritt für das Gelingen einer klimaneutralen Zukunft in Sachen Energie. Denn diese steht nicht nur auf nationaler, sondern auch Europäischer Ebene im Fokus. Der Wasserstoffbotschafter Paul Schneider berichtet im Interview von den Einsatzmöglichkeiten von Wasserstoff – und warum es sich für Unternehmen lohnt, das Gas in die Energieversorgung zu integrieren.

Paul, für die Gestaltung der Klimawende ist die Abkehr von fossilen Energieträgern aktueller denn je. Wo liegen die Chancen für Unternehmen, zukünftig Wasserstoff in die Energieversorgung zu integrieren?

Wir sprechen über die Klimawende und die Abkehr von fossilen Energieträgern, wenn wir über grünen Wasserstoff sprechen. Grüner Wasserstoff ist Wasserstoff, der aus erneuerbaren Energien gewonnen wird. Daneben gibt es noch weitere Arten des Gases, etwa gelben oder grauen Wasserstoff, die jedoch nicht im Fokus unserer Aktivitäten stehen. Auch bei der Nutzung von Wasserstoff gibt es viele Möglichkeiten – industrielle Betriebe können beispielsweise auf die grüne Form umsteigen. Das ist ein Anwendungsgebiet, das relativ leicht umzusetzen ist.

 

Durch seine vielseitigen Einsatzmöglichkeiten kann Wasserstoff in Industrie, Logistik, auch für die Wärmeerzeugung genutzt werden. Strom- und Kohlenwasserstoffbedarfe können ebenfalls mit grünem Wasserstoff gedeckt werden. Ein Kunststoffhersteller könnte also den Grundstoff Erdöl in seiner Produktion durch grünen Wasserstoff ersetzen und damit die Herstellung klimafreundlich gestalten. Dafür braucht man die grünen Moleküle des Wasserstoffs. Es geht demnach nicht um die Elektrifizierung von Industrieprozessen, sondern um den adäquaten Austausch von Kohlenstoffen, die grüner Wasserstoff klimaneutral liefert.

 

Ein weiterer Anwendungsbereich ist die Mobilität. Lasten können mit Wasserstoff klimaneutral von A nach B transportiert werden, wenn man auf die Vorteile von Brennstoffzellenfahrzeugen setzt. Vor allem im Schwerlastverkehr sind diese wasserstoffbetriebenen Elektrofahrzeuge – denn das sind Wasserstofffahrzeuge – sinnvoller als batteriebetriebene Elektrofahrzeuge. Vor allem im Hinblick auf Reichweite und Effizienz punkten diese gegenüber den batteriebetriebenen Varianten. Neben Schwerlastverkehr sind Stapler ein weiteres gutes Beispiel für Fahrzeuge, die mit Wasserstoff betrieben werden können. So hat Amazon einen Teil seiner Logistikzentren schon damit ausgestattet.

 

Allgemeine Energiebedarfe von Industrien lassen sich selbstverständlich auch mit Wasserstoff decken. Dazu muss man sich den individuellen Fall allerdings ansehen. Kessel, Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen, Stromerzeugungsanlagen oder ein komplett erneuerbares Energiekonzept für das Unternehmen – auch dafür ist Wasserstoff sowohl als Energiespeicher als auch als Energieträger perfekt einsetzbar.

 

Die Chancen für Unternehmen liegen also zusammengefasst darin, mit dem Einsatz von grünem Wasserstoff emissionsfreier und autarker produzieren zu können.

 

Schaubild zu Wasserstoff
Grafik: EWE

Welche unterschiedlichen Einsatzmöglichkeiten von Wasserstoff gibt es?

Wasserstoff ist ein Alleskönner der Energiewende oder der Klimaneutralität. Wir fokussieren uns vor allem auf den Einsatz in Industrie und im Verkehr, also betriebsinterne Verkehre oder auch straßen- und schienengebundenen Schwerlastverkehre, ohne andere Handlungsfelder auszuschließen.

 

In diesen Bereichen gibt es aktuell einen sehr hohen Handlungsdruck, klimaneutral zu werden. Aktuell sind nur 5 Prozent der Kraftstoffe erneuerbar. Das verdeutlicht den Handlungsdruck und die Potenziale, die im Verkehr liegen. Gerade, wenn dieser nicht oder nur schwer elektrifizierbar ist, wird und muss Wasserstoff eine große Rolle spielen.

 

Wasserstoff ist in industriellen Bereichen darüber hinaus als Grundstoff für chemische Anwendungen nutzbar. Und auch der Handlungsdruck durch den CO₂-Zertifikatehandel lässt sich mit Wasserstoff abschwächen oder minimieren. Ziel ist es also, nicht immer mehr Geld für CO₂-Zertifikate auszugeben, sondern mit der Nutzung erneuerbarer Energien wie grünem Wasserstoff klimaneutral zu werden.

Paul Schneider, Wasserstoffexperte bei EWE
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Wasserstoff ist sowohl als Energiespeicher als auch als Energieträger perfekt einsetzbar.

Paul Schneider
Wasserstoffexperte bei EWE

Wie schätzt du den Zeithorizont bei der Substitution von Erdgas durch grünen Wasserstoff in industriellen Anwendungen ein?

Der Zeitplan ist mehrstufig. Erdgas wird der fossile Energieträger sein, der noch am längsten im Einsatz ist – vor allem durch seine vielfältigen Einsatz- und Anwendungsmöglichkeiten und die sehr gut ausgebaute Gasinfrastruktur. Im ersten Schritt wird also erst einmal Erdöl durch Wasserstoff ersetzt, beispielsweise im Verkehr und in der chemischen Industrie.

Ist es sinnvoll für Unternehmen, sich heute schon mit dem Thema zu beschäftigen?

Unbedingt! Ein erneuerbares Energiesystem basiert auf zwei Energieträgern: grüner Strom und grüner Wasserstoff. Nur mit einer Kombination aus den beiden erneuerbaren Energieträgern wird die Zukunft der Energie klimaneutral. Und nur so können wir Abhängigkeiten von fossilen Energieträgern und deren Herkunftsländer minimieren.

Welcher Energieträger ist in der Mobilität vorn – Strom oder Wasserstoff?

Es gibt keine Konkurrenz. Beide ergänzen sich ideal in der Mobilität – je nach Anwendungsmöglichkeit. Je schwerer das Fahrzeug, umso eher eignen sich Wasserstofffahrzeuge. Diese sind im Übrigen auch E-Fahrzeuge sind, nur von einer Brennstoffzelle angetrieben statt aus der Batterie. Bei allen Fahrzeugen, die schwerer als zwei Tonnen sind, zahlt sich Wasserstoff aus. Denn er ist der leichteste Energieträger, den es gibt – im Gegensatz zu schweren Batterien. Ist das Fahrzeug mit Batterien kleiner und damit leichter, kommt es auf das Fahrprofil an. Interessant wird es für jemanden, der regelmäßig sehr weite Strecken zurücklegt oder auch im Schienenverkehr, der nicht elektrifiziert ist. Bei EWE konzentrieren wir uns auf Busse, Müllfahrzeuge und Lkws in der Nordwestregion, die wir mit grünem Wasserstoff versorgen wollen.

Wie siehst du die aktuelle Diskussion zum Thema grüner Wasserstoff in den Medien? Ist grüner Wasserstoff ausschließlich als Prozessgas eine Alternative – oder auch als Wärmequelle?

Der Fokus liegt für uns im industriellen Bereich und im Verkehr. Dort gibt es die meisten Potenziale für den Einsatz von Wasserstoff. Dennoch kann auch die Nutzung im Wärmebereich, zumindest lokal, sinnvoll sein. Wenn also eine Wasserstoffinfrastruktur in einem Industriegebiet entsteht, muss man die Umstellung auf Wasserstoff ganzheitlich betrachten. Wird dort auch Wärme gebraucht, beispielsweise für Verwaltungsgebäude, kann diese aus Wasserstoff erzeugt werden. Ob sein Einsatz sinnvoll ist, ist von Fall zu Fall zu prüfen. Ein anschauliches Beispiel sind die Anfänge von Photovoltaikanlagen. Ist bei den ersten Anlagen jemand auf die Idee gekommen, zu hinterfragen, wofür der Strom genutzt wird? Nein. Und genauso sehen wir den Einsatz von Wasserstoff: ganzheitlich.

Gibt der Einsatz von emissionsfreien Energieträgern, also auch Wasserstoff, der deutschen Wirtschaft eher Vorteile oder Nachteile im Wettbewerb?

Ganz eindeutig Vorteile. Das liegt einerseits an den Vorleistungen in den letzten Jahrzehnten, also dem Bau der Gasinfrastruktur, die für Wasserstoff geeignet ist. Andererseits bringen die hohen Bedarfe in der Industrie, klimaneutral zu werden, in Kombination mit der Importier- und Speicherbarkeit des Energieträgers Wasserstoff große Vorteile für die Wasserstoffwertschöpfung in Deutschland. Und im Übrigen sorgt diese Entwicklung auch für eine globale Konkurrenzfähigkeit.

Mit welchen Investitionshöhen müssen Unternehmen kalkulieren? Gibt es Fördermöglichkeiten?

Investitionshöhen sind schwer abzuschätzen und sehr individuell. Da kommt es in der Tat auf den Einzelfall an, auf Energieströme und Kostenblöcke. Deshalb beraten wir individuell, auch zu Fördermöglichkeiten. Diese gibt es auf verschiedenen Ebenen von der EU, vom Bund und darüber hinaus von den Bundesländern. Denn politisch gesehen steht der Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft auf dem Weg in die Klimaneutralität absolut im Fokus. Bei Bedarf beraten wir Unternehmen selbstverständlich gerne zu den individuellen Möglichkeiten und Machbarkeiten.

Sie haben Fragen zur Nutzung von Wasserstoff in Ihrem Unternehmen?

Dann schreiben Sie uns gerne eine E-Mail oder füllen einfach das folgende Formular aus, wir freuen uns auf Sie und beraten Sie gerne!

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Eine gute Idee: Denn egal, ob Sie eine Fahrzeugflotte betreiben oder aus dem produzierenden Gewerbe, der Industrie oder Logistikbranche kommen – wir finden eine individuelle Wasserstofflösung, die zu Ihnen passt. Unsere Produkte und Leistungen erstrecken sich über die gesamte Wasserstoff-Wertschöpfungskette von der Erzeugung über die Speicherung und den Transport bis zur Anwendung.

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